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Andacht für die Woche vom 14. bis 20. März 2021 - Sup.i.R. Wilhelm Niedernolte

Sat, 13 Mar 2021 23:00:01 +0000 von St. Andreas Springe

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth. 
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn: 
mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.
(Psalm 84, 2 und 3)

Der 84. Psalm ist ein Wallfahrtspsalm, ein Lied auf dem Weg nach Jerusalem auf den heiigen Berg Zion, auf dem der Tempel stand, ein Lied, das die Pilgergruppen sangen. Sie waren tagelang unterwegs auf dem zumeist sehr anstrengenden Weg. Jerusalem liegt am Ostrand des Judäischen Gebirges. Der Pilgerweg führte also über Berg und Tal. Diesen beschwerlichen Weg nimmt der Psalm auf mit den Worten: Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln. Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen. Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion. (Verse 6 – 8).
Und dann sahen die Pilgerinnen und Pilger das Ziel vor Augen, den Tempel Gottes. Das gab ihnen Kraft, weiterzuwandern. Und sie sangen: Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth. Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn (Vers 2). Der Tempel selbst war für die Pilger tabu. Es war ein heiliges Haus, das nur die Priester betreten durften. Den allerheiligsten Raum im Tempel durfte nur der Hohepriester betreten, nur einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag. Auch der Raum unmittelbar um das Tempelgebäude herum mit den Brandaltären war den Priestern vorbehalten. Das Volk blieb in den Vorhöfen. Gleichwohl sangen die Pilger: Ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend (Vers 11).

Ich liebe die Wohnungen Gottes – das ist der Grundton dieses Psalms.
Auch wenn der Tempel in Jerusalem nicht mehr steht, nur noch seine Westmauer, die Klagemauer, auch wenn wir Christen wissen, dass Gott seine Gegenwart nicht nur auf unsere Kirchengebäude beschränkt, auch dann möchte ich einstimmen in die Worte des Psalms: Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth.

Ich denke dabei an Kirchen, die ich im Lauf meines Lebens kennen und lieben gelernt habe. Ich denke an die Kirche in meiner ersten Kirchengemeinde in der Nähe von Bremen. Das ist eine Kirche in romanischen Baustil, nicht sehr hoch, dafür mit dicken Mauern und kleinen Fenstern. Eine Kirche, die Schutz bietet bei äußeren Gefahren, nach der Liedzeile von Martin Luther: Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth. Ich denke auch an die Kirche in meiner zweiten Kirchengemeinde in der Nähe von Hamburg, erbaut im neugotischen Stil mit schmalen, hohen Fenstern, darüber noch eine Reihe kleinerer Fenster, die Obergaden, die dafür sorgten, dass die Kirche insgesamt von Licht durchflutet war, und dass das Licht von oben wie aus dem Himmel kam. Diese Kirche hat im Hauptschiff ein sehr hohes Gewölbe. Zusammen mit den schmalen, hohen Fenstern richtet sie den Blick nach oben, zum Himmel. Gleichzeitig scheint das Licht des Himmels in die Kirche hinein. Das Licht scheint in der Finsternis. Gott kommt in unsere Welt.
Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth. Ich denke nicht zuletzt an die Kirche in Altenhagen I, eine Kirche von beeindruckender Schlichtheit. Vergeblich suche ich große Gemälde, bunte Fenster oder kunstvoll gedrechselte Bänke. Ich liebe diese Kirche wegen ihrer Schlichtheit. Nichts kann mich ablenken vom Wort Gottes, davon, dass er mir begegnen will, keine barocke Pracht und keine Heiligenbilder. Diese Kirche ist für mich der Stein gewordene Grundsatz Martin Luthers: Solus Christus. Christus allein ist der Weg zu Gott.

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth singen die Pilgerinnen und Pilger auf ihrer Wanderung zum Tempel, zur Wohnung Gottes. Auch die gegenwärtige Passionszeit ist eine Wanderung. Das Ziel ist Ostern, die Auferstehung Christi. Der Sonntag Laetare markiert in etwa die Hälfte des Pilgerwegs und will uns ermutigen, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das zeigt sich auch an den liturgischen Farben in den Gottesdiensten, an den Farben und Motiven der Antependien, der Altarbehänge. Die Passionszeit sieht die Farbe violett vor, Ostern hat die Farbe weiß. In früheren Jahrzehnten fand man in manchen Kirchen Antependien in der Farbe rosa. Warum rosa? Rosa ist eine Mischfarbe aus violett und weiß, kirchenjahreszeitlich gesehen: aus Passion und Ostern. Das ist die Botschaft dieses Sonntags: Mitten in der Passion blicken wir auf die Erlösung.

Das höre und erlebe ich in unseren Kirchen und in unseren Gottesdiensten. Darum: Wie lieb sind mir deine Wohnungen.
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