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Andacht für die Woche vom 08. bis 14. August - Sup.i.R. Wilhelm Niedernolte

Mon, 09 Aug 2021 08:11:55 +0000 von Klaus Fröhlich

Gott, warum verstößest du uns für immer und bist so zornig über die Schafe deiner Weide?
Gedenke an deine Gemeinde, die du vorzeiten erworben und dir zum Erbteil erlöst hast, an den Berg Zion, auf dem du wohnest.
Richte doch deine Schritte zu dem, was so lange wüste liegt. Der Feind hat alles verheert im Heiligtum. 
Schau auf den Bund; denn die dunklen Winkel des Landes sind Stätten voller Gewalt.
Lass den Geringen nicht beschämt davongehen, lass die Armen und Elenden rühmen deinen Namen.
(Psalm 74, 1-3. 20-21)
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Sonntag in dieser Woche hat in unserer evangelischen Kirche seine besondere Prägung. Es ist der Israelsonntag. Er blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. In früheren Jahrzehnten wurde der „Zerstörung Jerusalems“ gedacht. Zweimal wurde Israel mit seinem Tempel zerstört: im Jahr 587 v. Chr. von den Babyloniern und 70/71 n. Chr. von den Römern. Der Psalm dieser Woche nimmt Bezug auf die erste Zerstörung durch die Babylonier: Der Feind hat alles verheert im Heiligtum (Vers 3). Das traditionelle Evangelium in Lukas Kapitel 19 schreibt, dass Jesus über Jerusalem weint und ihr die Zerstörung voraussagt. 
Das ist in der Theologie und in der Kirche für lange Zeit als Strafe Gottes über die Juden gedeutet worden, weil sie Jesus nicht als ihren Messias  anerkannt haben und fügte sich ein in eine damalige antijüdische Propaganda. Nach dem 2. Weltkrieg gab es ein anderes Gedenken der Zerstörung Jerusalems: Es stand im Zeichen des Rufes zur Reue und zur Umkehr für beide, Juden und Christen, und zum Gehorsam gegen Gottes Gebote.  Heute ist dieser Sonntag eine Zeitansage des Verhältnisses von Juden und Christen, eine Bestärkung des christlich – jüdischen Dialogs. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: Christen und Juden haben viel gemeinsam, bei allem, was sie auch trennt. Wir haben gleiche Wurzeln. Und wir Christen sind ein Zweig am Stamm des Judentums, wie Paulus es im Römerbrief beschreibt. Wir Christinnen und Christen sind also nicht das Volk, das Gott erwählt hat, nachdem er das jüdische Volk verworfen hat. Wir sind als auserwähltes Volk Gottes zum auserwählten Volk der Juden hinzugekommen. Von da her verbietet sich jeder Versuch seitens der Christen, Juden zum Christentum bekehren zu wollen. Der deutsch – israelische Journalist und Religionswissenschaftler Schalom Ben Chorin formuliert das Verhältnis von Juden und Christen so: „Der Glaube Jesu verbindet Christen und Juden, der Glaube an Jesus trennt beide.“
Der Psalmsänger betet: Schau auf den Bund. Lass den Geringen nicht beschämt davongehen. Lass die Armen und Elenden rühmen deinen Namen. Damit nimmt er Bezug auf verschiedene Bundesschlüsse Gottes mit den Menschen. Nach der großen Flutkatastrophe zur Zeit des Noah setzt Gott den Regenbogen als Zeichen seines Bundes seiner Treue zu den Menschen in die Wolken. Gott schließt einen Bund mit Abraham und verspricht ihm, ihn zu einem großen Volk zu machen. Gott schließt einen Bund am Sinai, als er Mose die 10 Gebote übergibt. An dieses Treueversprechen Gottes erinnert der Psalmsänger, wenn er sagt: Schau auf deinen Bund“, der noch immer auch für uns gilt. Wir Christen glauben, dass Gott einen Bund auch mit uns und allen Menschen geschlossen hat, in dem gekreuzigten und auferstandenen Christus, den Bund seiner Menschenfreundlichkeit. Der gilt bis heute und in Zukunft. Er soll uns ermutigen und stärken in schweren Zeiten. Auch wir dürfen ihn bitten: Schau auf deinen Bund.“
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit.
 
Wilhelm Niedernolte
Sup.i.R. Eldagsen
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