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Andacht für die Karwoche vom 28. März bis 3. April 2021 - Sup.i.R. Christian Klatt

Sun, 28 Mar 2021 06:08:30 +0000 von St. Andreas Springe

„Gott, deine Hilfe schütze mich!“
Psalm 69, 30

Mit diesem Gebetsruf endet der Abschnitt aus Psalm 69, der für den Sonntag Palmarum, also für den Beginn der Karwoche, ausgesucht worden ist. Es ist ein Psalm voller erschütternder Klagen. Der Beter ist in große Not geraten. Er beschreibt seine Situation mit drastischen Bildern: „Das Wasser geht mir bis an die Kehle, ich versinke in tiefem Schlamm.“ Und es ist niemand da, der ihm hilft. Selbst auf Mitleid und Trost und menschliche Anteilnahme wartet er vergebens. Im Gegenteil, auch seine nächsten Angehörigen wollen nichts von ihm wissen. Andere schmähen und verspotten ihn in seinem Unglück und quälen ihn zusätzlich. Auch dafür findet der Beter bittere Worte: „Sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken für meinen Durst.“ 
Spätestens hier stellen sich bei uns Erinnerungen an die Passion Jesu ein, an die wir in diesen Tagen, besonders am Karfreitag, denken. Alle vier Evangelisten berichten, dass dem Gekreuzigten ein mit Essig gefüllter Schwamm an die Lippen gereicht wurde. Für diese Szene fanden sie in diesen Worten des 69. Psalms gewissermaßen eine prophetische Voraussage.

Ich selbst finde es immer wieder berührend, welch breiten Raum die Schilderungen menschlichen Leids in der Bibel einnehmen: zum Beispiel in den Klagepsalmen des Alten Testaments und eben auch in der Passionsgeschichte Jesu. Die dunklen Seiten des Lebens bis hin zu körperlichen und seelischen Qualen werden nicht verschwiegen. Und dabei werden auch Fragen und Klagen und Zweifel an Gottes Güte laut. „Ich habe mich müde geschrien. Meine Augen sind trübe geworden, weil ich so lange harren muss auf meinen Gott“, klagt der Beter des 69. Psalms. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“, ruft der sterbende Jesus am Kreuz. Wir kennen solche Augenblicke, da wir mit unseren Kräften an eine Grenze kommen und auch die Kraft des Glaubens ins Wanken gerät. Nach einem Jahr Corona-Pandemie mit den vielen Toten und den wirtschaftlichen und sozialen Einbrüchen liegen selbst in unserem Land, wo es uns vergleichsweise noch gut geht, viele Nerven blank.

Wie gesagt, solche Stimmen der Erschöpfung und der Verzweiflung werden auch in der Bibel laut, so dass wir uns mit unseren Klagen und Nöten darin wiederfinden können. Und dennoch bricht sich auch in diesen Dunkelheiten immer wieder das Gottvertrauen Bahn. „Gott, deine Hilfe schütze mich“, ruft der Beter am Ende seiner Klagen. Und schon zuvor mit ähnlichen Worten: „Gott, nach deiner großen Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.“ Auch wenn er im Moment nichts von dieser Hilfe spürt: er vertraut darauf, dass sein Rufen und Beten bei Gott Gehör findet. Und in den letzten Versen dieses 69. Psalms, die nicht mehr zum Abschnitt des Wochenpsalms gehören, klingt sogar der Lobpreis Gottes an. Denn: „Die Gott suchen, denen wird das Herz aufleben.“ Das will uns Mut machen, dass auch wir uns mit unserem Schicksal und mit allen Dunkelheiten dieser Welt Gott anvertrauen.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Stille Woche in diesen Tagen und dann ein frohes Osterfest. Bleiben Sie behütet und zuversichtlich!

Christian Klatt 
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