Krise und Chance – Vom Leben unter einer Glocke
Nun liegt die erste Woche hinter uns. Die erste Woche, in der Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten – ja sogar Spielplätze – geschlossen sind. Von Tag zu Tag mussten wir auf immer mehr Möglichkeiten und Freiheiten verzichten; Möglichkeiten und Freiheiten, die uns eigentlich selbstverständlich sind.
Gut, manches hat sich eingespielt. Mit viel Engagement und Fantasie konnte die Betreuung von Kindern geregelt werden. Geht der Nachbar einkaufen, so fragt er schon einmal, ob er uns etwas mitbringen soll. Wir achten darauf, mehr Abstand voneinander zu haben. Und wir versuchen dabei, freundlich miteinander umzugehen und auf die anderen Rücksicht zu nehmen.
Doch an manches können wir uns nicht gewöhnen.
Dass die Straßen immer leerer werden.
Dass immer mehr geschlossen wird.
Dass Menschen nicht mehr arbeiten können oder dürfen.
Und wir fragen:
Wie sollen sie, wie sollen wir diese Zwangspause überstehen?
Wie lange werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Arztpraxen, Krankenhäusern,
in Alten- und Pflegheimen, bei Polizei, Feuerwehr etc. die besonderen Belastungen aushalten?
Und wie lange werden wir alle es schaffen, einander nicht besuchen zu können und keinen Besuch zu bekommen?
Das ist wie ein Leben unter einer Glocke.
Es fühlt sich unwirklich an.
Wir spüren, dass sich mehr verändert hat, als wir verstehen.
Und das Wort vom Stillstand macht die Runde.
Stillstand! Aber stimmt das wirklich?
Nein: Unter dieser Glocke bewegt es sich.
Wir sind nicht wirklich allein.
Wir werden ständig und auf vielen Wegen informiert – manchmal mehr und häufiger, als es uns lieb ist und gut tut.
Wir haben viele Möglichkeiten, miteinander zu reden und uns auszutauschen – angefangen vom Telefon über viele Messangerdienste bis hin zum Skypen.
Und wir haben unsere Fantasie, wir haben Ideen. Wir können unter dieser Glocke Neues ausprobieren.
Oder auch ganz Altes neu entdecken.
Dem Nachbarn eine Grußkarte in den Briefkasten stecken. Sich über den Zaun Blumen schenken. Sich jetzt erst recht dafür interessieren, wie es dem anderen geht. Einander Mut machen.
Ein wunderbares Beispiel ist das Konzert des serbischen Nationaltheaters für die Menschen in Italien:
www.youtube.com/watch?v=L63f5DdzYNg&feature=emb_title
Und:
Es ist nichts Neues, dass Menschen wie unter einer Glocke leben.
Sicher ist unsere Situation eine besondere.
Aber dieses Gefühl haben Menschen schon vor langer Zeit gehabt.
Darüber lesen wir im Neuen Testament.
Der Evangelist Johannes hat christliche Gemeinden im Blick, die auch wie unter einer Glocke leben.
Er schreibt sein Evangelium für Gemeinden in Kleinasien, die isoliert sind.
Sie scheinen wie gelähmt. Sie sehen keine Zukunft für sich und ihren Glauben.
Doch Johannes erinnert sie daran, was Jesus selbst gesagt hat.
Der hat über sich selbst gesprochen und dabei ein bekanntes Bild gebraucht:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“
(Joh 12,24)
Jesus spricht von seinem Tod und von seiner Auferstehung.
Er spricht davon, dass erst danach die Jüngerinnen und Jünger seine Botschaft verbreiten können.
Doch Johannes macht mit diesem Satz auch deutlich:
Es gibt eine Zeit, in der alles stillzustehen scheint. In der alles wie verschlossen ist.
Das Weizenkorn ist wie tot. Aber in dieser Zeit entwickelt sich im Inneren Neues.
Und dieses Neue ist vielfältig und stark und verbreitet sich.
Es ist die gute Nachricht von der Auferstehung von Jesus.
Diese Botschaft ist auf der ganzen Erde gehört worden.
Und darum sind wir auch jetzt nicht allein.
In jeder Minute wird irgendwo auf unserer Erde ein Vaterunser gebetet.
In jeder Minute wird auf unserer Erde der Psalm 23 gesprochen.
So bekommt die Glocke, die wir über uns fühlen, Löcher.
Und durch diese Löcher können wir den Himmel sehen.
Den Himmel sehen – auch und gerade in dieser Zeit – das wünsche ich uns allen.
Seien Sie behütet!
Jürgen-Peter Lesch
Pastor in Ruhe (Springe, früher Pastor der EKD in Hannover
Nun liegt die erste Woche hinter uns. Die erste Woche, in der Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten – ja sogar Spielplätze – geschlossen sind. Von Tag zu Tag mussten wir auf immer mehr Möglichkeiten und Freiheiten verzichten; Möglichkeiten und Freiheiten, die uns eigentlich selbstverständlich sind.
Gut, manches hat sich eingespielt. Mit viel Engagement und Fantasie konnte die Betreuung von Kindern geregelt werden. Geht der Nachbar einkaufen, so fragt er schon einmal, ob er uns etwas mitbringen soll. Wir achten darauf, mehr Abstand voneinander zu haben. Und wir versuchen dabei, freundlich miteinander umzugehen und auf die anderen Rücksicht zu nehmen.
Doch an manches können wir uns nicht gewöhnen.
Dass die Straßen immer leerer werden.
Dass immer mehr geschlossen wird.
Dass Menschen nicht mehr arbeiten können oder dürfen.
Und wir fragen:
Wie sollen sie, wie sollen wir diese Zwangspause überstehen?
Wie lange werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Arztpraxen, Krankenhäusern,
in Alten- und Pflegheimen, bei Polizei, Feuerwehr etc. die besonderen Belastungen aushalten?
Und wie lange werden wir alle es schaffen, einander nicht besuchen zu können und keinen Besuch zu bekommen?
Das ist wie ein Leben unter einer Glocke.
Es fühlt sich unwirklich an.
Wir spüren, dass sich mehr verändert hat, als wir verstehen.
Und das Wort vom Stillstand macht die Runde.
Stillstand! Aber stimmt das wirklich?
Nein: Unter dieser Glocke bewegt es sich.
Wir sind nicht wirklich allein.
Wir werden ständig und auf vielen Wegen informiert – manchmal mehr und häufiger, als es uns lieb ist und gut tut.
Wir haben viele Möglichkeiten, miteinander zu reden und uns auszutauschen – angefangen vom Telefon über viele Messangerdienste bis hin zum Skypen.
Und wir haben unsere Fantasie, wir haben Ideen. Wir können unter dieser Glocke Neues ausprobieren.
Oder auch ganz Altes neu entdecken.
Dem Nachbarn eine Grußkarte in den Briefkasten stecken. Sich über den Zaun Blumen schenken. Sich jetzt erst recht dafür interessieren, wie es dem anderen geht. Einander Mut machen.
Ein wunderbares Beispiel ist das Konzert des serbischen Nationaltheaters für die Menschen in Italien:
www.youtube.com/watch?v=L63f5DdzYNg&feature=emb_title
Und:
Es ist nichts Neues, dass Menschen wie unter einer Glocke leben.
Sicher ist unsere Situation eine besondere.
Aber dieses Gefühl haben Menschen schon vor langer Zeit gehabt.
Darüber lesen wir im Neuen Testament.
Der Evangelist Johannes hat christliche Gemeinden im Blick, die auch wie unter einer Glocke leben.
Er schreibt sein Evangelium für Gemeinden in Kleinasien, die isoliert sind.
Sie scheinen wie gelähmt. Sie sehen keine Zukunft für sich und ihren Glauben.
Doch Johannes erinnert sie daran, was Jesus selbst gesagt hat.
Der hat über sich selbst gesprochen und dabei ein bekanntes Bild gebraucht:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“
(Joh 12,24)
Jesus spricht von seinem Tod und von seiner Auferstehung.
Er spricht davon, dass erst danach die Jüngerinnen und Jünger seine Botschaft verbreiten können.
Doch Johannes macht mit diesem Satz auch deutlich:
Es gibt eine Zeit, in der alles stillzustehen scheint. In der alles wie verschlossen ist.
Das Weizenkorn ist wie tot. Aber in dieser Zeit entwickelt sich im Inneren Neues.
Und dieses Neue ist vielfältig und stark und verbreitet sich.
Es ist die gute Nachricht von der Auferstehung von Jesus.
Diese Botschaft ist auf der ganzen Erde gehört worden.
Und darum sind wir auch jetzt nicht allein.
In jeder Minute wird irgendwo auf unserer Erde ein Vaterunser gebetet.
In jeder Minute wird auf unserer Erde der Psalm 23 gesprochen.
So bekommt die Glocke, die wir über uns fühlen, Löcher.
Und durch diese Löcher können wir den Himmel sehen.
Den Himmel sehen – auch und gerade in dieser Zeit – das wünsche ich uns allen.
Seien Sie behütet!
Jürgen-Peter Lesch
Pastor in Ruhe (Springe, früher Pastor der EKD in Hannover