Psalm 25, 1 – 9
1 Nach dir, Herr, verlangt mich.
2 Mein Gott, ich hoffe auf dich;
lass mich nicht zuschanden werden,
dass meine Feinde nicht frohlocken über mich.
3 Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret;
aber zuschanden werden die leichtfertigen Verächter.
4 Herr, zeige mir deine Wege
und lehre mich deine Steige!
5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!
Denn du bist der Gott, der mir hilft;
täglich harre ich auf dich.
6 Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit
und an deine Güte,
die von Ewigkeit her gewesen sind.
7 Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend
und meiner Übertretungen,
gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit,
Herr, um deiner Güte willen!
8 Der Herr ist gut und gerecht;
darum weist er Sündern den Weg.
9 Er leitet die Elenden recht
und lehrt die Elenden seinen Weg.
Liebe Lesende!
Wir lesen in diesem Psalm vom „zuschanden werden“, also vom unterliegen und von „frohlockenden Feinden“ und denken in unseren Tagen unwillkürlich an den Krieg in der Ukraine, der so plötzlich und erschreckend begonnen hat und anscheinend nicht enden will, - furchtbarerweise. Niemand von uns hat wohl damit gerechnet, dass so etwas im Europa des Jahres 2022 geschehen könnte; desto mehr sind wir deshalb verunsichert und entsetzt.
Der Dichter des 25. Psalms hofft in seiner Notlage auf Gott; er bittet ihn um Wegweisung und Hilfe, um Leitung und Lehre. Er vertraut darauf, dass Gott hilft, dass er barmherzig und gütig ist, dass er auch Sündern einen Weg eröffnet und dass er die Elenden richtig leitet.
Können wir heute und hier dem Psalmisten folgen in seinem Vertrauen und in
seiner Hoffnung auf Gott und Gottes Hilfe? Hat es Sinn, Gott um Beistand zu
bitten, wenn Bomben fallen und Raketen einschlagen, wenn Menschen fliehen oder gar sterben?
Das sind sehr schwierige Fragen, und die Antwort kann nur jede und jeder von uns für sich persönlich geben. Mir geht es so, dass ich bei allem Entsetzen und in großer Unsicherheit gerade jetzt Gott um Hilfe bitten möchte: Dass er die Mächtigen zur Umkehr und zur Einsicht führen möge, damit sie aufhören mit ihrem bösen Handeln und zurückfinden zum Frieden. Wen sonst sollen wir bitten, dem grausamen Treiben ein Ende zu machen als Gott, den Herrn?
Dass wir daneben den Geflüchteten helfen und die Kriegstreiber in Ihrem schrecklichen Tun behindern, wo wir es können, versteht sich wohl von selbst.
Der Psalmdichter stellt in seinem Vers 3 fest, dass „keiner zuschanden wird, der auf Gott harret“, dass also das Vertrauen auf Gott am Ende doch helfen wird.
Hoffen wir, dass er auch heute recht behält und dass vielleicht auch unsere Gebete und unser Tun nicht umsonst sind in dieser schlimmen Lage und dass das grausige Geschehen in der Ukraine bald ein Ende nimmt.
Halten wir uns trotz und in all dem Schrecklichen an Gott, und erinnern wir ihn mit dem Psalmdichter an seine Barmherzigkeit und an seine Güte, und hoffen wir darauf, dass er die Kriegsgreuel beendet.
Jürgen Flohr